Anfechtung

Anfechtung
Mittel, die Nichtigkeit eines mit gewissen Mängeln behafteten Geschäfts herbeizuführen.
I. A. von Willenserklärungen(nach §§ 119 ff. BGB): 1. V.a. kann ein Vertrag wegen  Irrtums,  Drohung oder  arglistiger Täuschung angefochten werden. Die A. erfolgt i.d.R. durch formfreie Erklärung gegenüber dem anderen Teil (§ 143 BGB). Wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt, wird das angefochtene Geschäft rückwirkend vernichtet (§ 142 BGB). Das Anfechtungsrecht geht durch  Bestätigung des Geschäfts verloren (§ 144 BGB).
- 2. Für Willenserklärungen in einem Testament gelten weitergehende Anfechtungsmöglichkeiten. Für die A. reicht hier jeder Irrtum im Motiv des Erblassers bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung aus (§§ 2078 ff. BGB).
II. Einzelfälle:1. Die A. des Arbeitsvertrages hat nach der Rechtsprechung die Wirkung einer  außerordentlichen Kündigung; er wird nicht rückwirkend vernichtet.
- Unterschiede zur Kündigung: (1) Gründe, die zur A. berechtigen; (2) Ausschlussfristen (§§ 121, 124 BGB), an die A. gebunden ist; (3) nicht durch Schutzvorschriften zu Gunsten des Arbeitnehmers beschränkt.
- 2. Die Anmeldung zum Handelsregister unterliegt nicht der A. Solange eine Eintragung noch nicht erfolgt ist, kann sie von dem Anmelder zurückgenommen oder widerrufen werden.
- 3. Das durch Bestechung ( Schmiergeld) eines Handlungsgehilfen zustande gekommene Rechtsgeschäft ist für den Unternehmer, in dessen Betrieb der Handlungsgehilfe tätig ist, anfechtbar, wenn dieser von dem Angebot eines Schmiergeldes keine Mitteilung gemacht hat.
- 4. Der Gesellschaftsvertrag unterliegt wie jeder andere Vertrag an sich der A. Sie ist aber bei der in Vollzug gesetzten Gesellschaft weitgehend ausgeschlossen oder in ihren Wirkungen eingeschränkt. Auch Stimmabgaben bei Beschlussfassung, Feststellung der Jahresbilanz und andere innerhalb des Gesellschaftsverhältnisses abgegebene Erklärungen können u.U. angefochten werden.
- 5. A. eines Versicherungsvertrags.
- 6. Beschlüsse der Hauptversammlung der AG können binnen eines Monats seit Beschlussfassung durch Klage bei dem Landgericht des Sitzes der Gesellschaft angefochten werden (§ 246 AktG). Anfechtungsberechtigt sind u.a. der in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, der gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, und der zu Unrecht nicht zugelassene bzw. nicht rechtzeitig berufene Aktionär (§ 245 AktG). Die Klage kann darauf gestützt werden, (1) dass der angefochtene Beschluss auf einer Verletzung des Gesetzes oder der Satzung beruht, z.B. auch auf Stimmrechtsausübung zwecks Erlangung von Sondervorteilen (§ 243 AktG); (2) wenn weniger als 4 Prozent Dividende gezahlt werden, auch dann, wenn die Hauptversammlung aus dem Bilanzgewinn Beträge in Rücklage stellt, die nicht nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen sind, obwohl die Einstellung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der AG für einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeit übersehbaren Zeitraum zu sichern; dabei müssen die Anteile der klagenden Aktionäre 5 Prozent des  Grundkapitals oder den Nennbetrag von 500.000 Euro erreichen (§ 254 AktG).
- Den Streitwert bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände, v.a. der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Macht eine Partei glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach diesem Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, kann das Gericht anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung der  Prozesskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwertes bemisst, sog. gespaltener Streitwert.
- 7. A. einer Betriebsratswahl: Betriebsrat.

Lexikon der Economics. 2013.

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